Die Reisen mit meiner Tante

Der Roman Die Reisen mit meiner Tante von Graham Greene ist so heiter und sophisticated wie eine gelungene Komödie aus den 1960er Jahren. Überhaupt hatte ich die ganze Zeit Cary Grant und Jessie Royce Landis vor Augen. Letztere spielte in vielleicht Hitchcocks bestem Thriller „North by Northwest“ die Mutter von Cary Grant, obwohl sie in Wirklichkeit nur wenige Jahre älter als ihr Filmsohn war.

Warum gerade dieses Gespann? Weil der Ton des Romans mich an den des genannten Films erinnert, viele amüsante, meist ironische Pointen, eine abwechslungsreiche Handlung, die den braven Junggesellen, Henry Pulling, inzwischen pensionierter Bankbeamter, aus seinem wenig aufregenden Leben in verschiedene Abenteuer reißt. Dabei führt er eigentlich ein höchst regelmäßiges, unkompliziertes Leben und widmet sich der Zucht edler Dahlien. Damit ist erst mal Schluss, als er bei der Einäscherung seiner Mutter seiner Tante Augusta begegnet. Sie scheint in fast allem das Gegenteil ihres harmlosen Neffen zu sein: Mit rotgefärbtem Haar führt die lebenslustige, trinkfreudige Mitte 70-Jährige nach teilweise dubioser Vergangenheit ein unbeschwertes Leben und hat zudem einen Liebhaber aus Afrika, der Wordsworth genannt wird und ihr treu ergeben ist. Der liebenswerte Wordsworth wiederum ist ebenfalls mit allen Wassern gewaschen und dafür verantwortlich, dass der unauffällige Henry plötzlich Besuch von der Polizei bekommt. Es ist die Rede von Marihuana, später auch von allerley zweifelhaftem Umgang seiner munteren Tante.

Doch zunächst macht er eine kleine Reise mit ihr nach Frankreich, wo er Aufschluss über das wahre Leben seines lange verstorbenen Vaters erhält sowie diverse Andeutungen über seine richtige Mutter. Bei einer weiteren Reise mit Tante Augusta im Orientexpress nach Istanbul gerät er in eine Geldschmuggel-Affäre. Seine letzte Reise schließlich wird ihn über Umwege nach Paraguay führen, wo er weitere Abenteuer bestehen muss. Diese werden natürlich stets ausgelöst von seiner quirligen Tante und ihren kriminellen Aktivitäten und Freunden. Insgesamt ein empfehlenswerter Roman für Freundinnen und Freunde gepflegter Irrungen und Wirrungen.

Aufmerksam wurde ich auf den Roman übrigens durch die Empfehlung bei der Durchleserin, wo ihr auch einige biographische Angaben zu Graham Greene findet.

Über Petra Gust-Kazakos

Fiel als Kind in eine Buchstabensuppe; Femme de lettres, virtuelle Salonière, Public Relations Managerin, Autorin, stets lese- & reiselustig https://phileablog.wordpress.com/
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14 Antworten zu Die Reisen mit meiner Tante

  1. buchpost schreibt:

    Liebe Petra, heute Mittag habe ich mit einem Kollegen wieder die Frage erörtert, wie wir es schaffen, mal ein paar Monate keine Bücher mehr zu kaufen. Dein Blog und deine ansteckende Begeisterung sind mir da jedenfalls keine Hilfe. Sofort werde ich nach diesem Buch Ausschau halten, dann können die Vorsätze ja ab Januar gelten. LG Anna

    • Petra Gust-Kazakos schreibt:

      : ) Glück im Unglück, liebe Anna, das Buch ist ein Taschenbuch & damit ja immerhin erschwinglich. Und gute Vorsätze sind ja eh für’s neue Jahr (und dafür da, dass man sie nicht einhält). Liebe Grüße!

  2. Susanne Haun schreibt:

    Ich mag die Cary Grant Filme auch, Petra, …. Leoparden küsst man nicht oder Arsen und Spitzenhäubchen… ich mag die Art von Humor. … ein wenig wie Monthy Python ….
    Eine schöne Adventwoche wünscht Susanne

  3. zeilentiger schreibt:

    Oh ja, ein schöner, heiterer Roman! (Auch wenn ich andere Bücher von Graham Greene noch lieber mag.) Das Antiquariatsblog „Books and Other Animals“ bietet neben anderen Buchanekdoten einige von „Travels with my Aunt“ inspirierten Geschichtchen. Ein Blick lohnt sich: http://booksandotheranimals.blogspot.de/

  4. literaturen schreibt:

    Da ich Komödien mit Cary Grant – überhaupt Kömödien aus den 50ern und 60ern – liebe, klingt das auf jeden Fall nach einem Buch für mich! 😉

  5. durchleser schreibt:

    Herzlichen Dank, liebe Petra, für Deinen Empfehlungs-Link. Dieser Roman ist wirklich grossartig und ein literarisches „Bijou“. Viele Grüsse sendet Durchleserin!

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