Küss die Hand, neues Jahr!

Nach wunderschönen Tagen (und Nächten) bei unseren Freunden in Wien lasse ich nun für euch (und mich) unseren Silvesterurlaub in Wort und Bild Revue passieren.

Unsere Freunde erwarteten uns schon mit Sekt und servierten Fiaker-Gulasch. Letzteres war eine köstliche und mir bis dato unbekannte Gulasch-Variante, in der außer Gulasch auch Spiegelei, Gewürzgurken, Würstchen (Wiener?) sowie Semmelknödel die Hauptrollen spielten. Danach saßen wir – wie übrigens jeden Abend – noch bis spät zusammen, weshalb jeder Tag ein bisschen später und mit immer üppigeren Frühstücken begonnen wurde, die ja oft schon Mittagessen waren.

Wandeln auf dem Silvesterpfad

Am ersten Tag machten wir uns auf zu einem ausführlichen Spaziergang, der immer wieder den Silvesterpfad streifte.

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Selbiger zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass auf allen größeren Plätzen und Kreuzungen Bühnen aufgebaut sind, von denen Musik aller Richtungen ertönt bis erdonnert. Da gibt es Programme, besonders für Kinder, vor der Oper natürlich Szenen aus Opern und Balletten, Volkstümliches sowie DJs und/oder Radiostationen, die die Feierwilligen beschallen.

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Und natürlich allerley Büdchen, die Ess- und Trinkbares, Glücksbringer und Krimskrams verkaufen. Eine Art verlängerter Weihnachtsmarkt also.

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Zwischendurch machten wir Station in einem der zahlreichen Kaffeehäuser. Es war gar nicht so einfach, noch Plätze für uns fünf zu finden, das „Korb“ war voll, der Raucherraum vom „Prückel“ sogar für Raucher zu verraucht (wahrscheinlich hatte es deshalb dort noch Platz gegeben), aber schließlich fanden wir doch noch ein nettes Plätzchen. Der angenehm grantelnde Kellner wirkte sich durchaus positiv auf unsere Wien-Stimmung aus.

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Eins, zweidrei – eins, zweidrei

Bevor wir uns in weitere Silvesteraktivitäten stürzten, aßen wir erst einmal üppig und lecker bei einem kleinen Italiener zu Abend (klein war sowohl das Lokal als auch der Italiener, und sehr gemütlich). Dann rasch zurück nach Hause, Sekt und Gläser eingepackt und auf zum Heldenplatz, von wo aus wir das Feuerwerk vom Volksgarten bestaunten.

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Walzermusik gab’s dort zwar keine, dafür war’s immerhin nicht zu voll, sodass mein Liebster und ich, ganz ohne Musik, dennoch Platz für eine Walzerrunde fanden.

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Den ganzen Tag lang hatte es von den vielen Böllern geklungen, als stünde Wien unter permanentem Beschuss. So war das Erste, was mir am nächsten Morgen auffiel, die Ruhe ; ) Nach der langen Nacht starteten wir spät und sehr geruhsam in den Tag. Für den Abend hatten wir Karten für das Theater in der Josefstadt, wo „Lady Windermeres Fächer“ von Oscar Wilde gegeben wurde.

Lady Windermeres Fächer im Theater in der Josefstadt

Das Theater selbst ist innen ganz rot und golden. Entzückend, wenn man, wie wir, Prunk und Pracht im hiesigen Staatstheater zu vermissen gelernt hat. Und es war bestens besucht.

Das Stück selbst … Regie führte Janusz Kica. Die Bühne war karg bestückt (ich musste gleich an unser eigenes Theater denken): nüchterne Sessel, im Hintergrund eine helle Wand mit grauem Craquelé, oben eine interessante Lampe aus vielen Röhren, die sich nicht nur heben und senken, sondern auch zum Lichterkranz aufspannen und wieder zusammenziehen ließen. Wie man schon am Bühnenbild – und später an den Frisuren und der Garderobe der Damen – erkennen konnte, wurde das Stück in „modernere“ Zeiten verlegt. Also statt im Jahre 1892 (dem Jahr der Uraufführung von „Lady Windermere’s Fan“) befanden wir uns eher in den 1920er oder 1930er Jahren. Es ist ja immer fein, wenn man die überzeitliche Gültigkeit älterer Stücke bekunden kann.

Gespielt wurde ohne Pause. Ob dies der Grund war, weshalb das Stück so unnötig gestreckt schien? Viel zu viele Leerstellen, Pausen, die geistreichen Unterhaltungen alles andere als spritzige Feuerwerke voller Bonmots, sondern, ja, langweilig, behäbig.

Die ernsten Figuren im Stück, Lady Windermere, gespielt von Pauline Knof, und Lord Windermere, gespielt von Christian Nickel, betrieben ein Overacting, leider in unterschiedliche Richtungen. Der Lord regte sich stets ernsthaft auf, die Lady indes eher putzig, albern fast, mit slapstickhaften Einlagen. Herrlich ziegig spielte Sona MacDonald die Herzogin von Berwick, angemessen tumb Raphaela Möst die naive Lady Agatha. Andrea Jonasson als Mrs. Erlynne fast zu sehr im Stile einer ältlichen Kokotte, der ich nicht mehr so recht abnehmen konnte, dass sie Männer aller Altersklassen in ihren Bann zieht.

Gleich zu Beginn war Martin Niedermair als Lord Darlington dazu verdonnert, ein Lied zu singen. Er nestelte geraume Zeit an seinen Handschuhen, bis er so weit war. Besser wäre vielleicht gewesen, ihn gleich singend, aus vollem Herzen, nicht unbedingt perfekt, aber überzeugt, auf die Bühne zu schicken. So wirkte es etwas unmotiviert. Ich schämte mich kurz fremd und quetschte die Hand meines Liebsten.

Schade, ich liebe dieses Stück, aber wir waren geradezu erleichtert, als es vorbei war. Doch sorgte es bis tief in die Nacht für Gesprächsstoff zu Theater, Inszenierungen, Schauspielkunst, Regie etc. Denn unsere Freundin ist auf diesem Gebiet sozusagen Expertin : )

Le Loft – Cocktails mit Hindernissen

Seit ich in der AD vom März 2011 einen Artikel über das „Sofitel Vienna Stephansdom“ – gelesen hatte, wollte ich es mir gern ansehen, idealerweise auch von innen, besonders die Bar „Le Loft“ im 18. Stock.

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Dass der massige dunkle Kasten, der übrigens auch innen von schummriger Schwärze dominiert wird, nicht einfach wie ein weiterer moderner massiger Kasten aussieht, liegt an den herrlichen Deckenmalereien von Pipilotti Rist. Diese Decken sieht man schon von fern. Es sind hintergrundbeleuchtete Digitaldrucke mit wie Bullaugen eingelassenen Videos. Im obersten Stock ist es ein herbstlicher Blätterhimmel in Gold- und Gelbtönen, der weit über die Gebäudegrenzen hinaus leuchtet. Einige Stockwerke tiefer, beim Wintergarten mit herausragenden, aber noch innerhalb des Gebäudes befindlichen Balkonen, erstrahlt die Decke als überirdisches Aquarium – auch dies weit hinein in die Stadt. Der Rest ist, ganz wie Architekt Jean Nouvel wünschte, vor allem weiß, grau und schwarz gehalten. Allein die Kunst von Pipilotti Rist machen das Ganze zu einem visuellen Ereignis. Sehr zurückhaltend vom Architekten, muss ich sagen. Amüsant jedenfalls, dass sich das Hotel „Sofitel Vienna Stephansdom“ nennt, denn der befindet sich etwa 700 Meter weiter.

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Am Theaterabend fuhren wir erstmals hin. Die Person am Weg zum Lift frug, ob wir denn reserviert hätten. Nein? Dann leider … Wir gingen wieder hinaus und überlegten, für den nächsten Abend zu reservieren. Unser Freund also wieder hinein zur „Bar-Rezeption“, dann zur Hotelrezeption. Reservieren, schwierig, schon auf Wochen hinaus … Er solle besser andernabends anrufen.

Als er andernabends anrief, hieß es, er hätte lieber reservieren sollen. Er erklärte, was man ihm geraten hatte, und plötzlich war dann doch eine Reservierung möglich. Wunderbar! Wir wieder hin, gleich hinauf in diesem schwarzen Schummerlift. Dort eine weitere „Rezeption“. Die junge Frau konnte unsere Reservierung nicht finden und behandelte uns mit leichter Empörung und mangelnder Höflichkeit, als wollten wir uns unrechtmäßig einschleichen. Schließlich, oh Wunder, gab’s dann noch einen Tisch. Na also! Es stand sogar ein Reserviert-Schildchen darauf.

Der Service erfrischend unprofessionell, vielleicht Studenten im Nebenjob mit schlechtem Gedächtnis? Einfach die Bestellungen notieren, dann muss man nicht mehrmals an den Tisch zurückkehren und fragen, was noch mal dieser oder jene bestellt hatte.

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Der Blick allerdings wirklich atemberaubend und für vieles entschädigend. Überall zückten Gäste ihre Mobiltelefone, um zu knipsen.

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Bei der Aussicht braucht man vielleicht nicht professionell oder wenigstens höflich zu sein. Die Leut‘ kommen eh, wenn auch eventuell nicht wieder.

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Kuschlige Cocktails im Planter’s Club

Am Theaterabend selbst gingen wir übrigens wieder ins „Planter’s“, das uns bereits vom letzten Wien-Besuch in bester Erinnerung geblieben war. Angenehm schummrig, im Kolonialstil mit bequem durchgesessenen Ledersesseln eingerichtet, der Service sehr freundlich und die Cocktails lecker. Sicher die kuschligere Alternative zum „Le Loft“.

Servus und auf Wiedersehen

Am letzten Tag spazierten wir noch ein wenig herum, besahen uns zwei Ausstellungen im MAK (Museum für angewandte Kunst), nämlich „Wien 1900“ und „WerkStatt Vienna – Design Engaging the City“, aßen noch einmal wienerisch zu Abend und schlürften schließlich unsere Cocktails mit Aussicht.

Und dann war schon der Tag der Abreise da mit einem letzten Riesenfrühstück und der Gewissheit, dass wir wiederkommen werden!

Über Petra Gust-Kazakos

Fiel als Kind in eine Buchstabensuppe; Femme de lettres, virtuelle Salonière, Public Relations Managerin, Autorin, stets lese- & reiselustig https://phileablog.wordpress.com/
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13 Antworten zu Küss die Hand, neues Jahr!

  1. Pingback: dopios | Eulen aus Athen

  2. buchstabenchaos schreibt:

    Na das hört sich ja nach einen gelungenen Jahreswechsel an! Schade, dass dir die Inszenierung von Lady Windermeres Fächer nicht gefallen hat. Die Deckengemälde von Pipilotti Rist sehen toll aus, ich denke, wenn es mich mal nach Wien verschlägt werde ich trotz unfreundlichem Service versuchen, diese Bar zu besuchen. Vielen Dank für die Fotos! Ich wünsche dir noch ein schönes, glückliches neues Jahr!

    • Petra Gust-Kazakos schreibt:

      Das war gar nicht schlimm, ich geh gern ins Theater – und wir waren ja in so schöner Gesellschaft. Ich rate, trotz des Service, auf jeden Fall zu einem Besuch der Bar, es lohnt sich sehr wegen der Aussicht und der Decke. Und vielleicht waren unsere Erlebnisse ja nicht typisch und es läuft normalerweise rund. Dir alles Liebe & Gute für 2013!

  3. Schon die Fotos ziehen einen in die Atmosphäre hinein. An die kleinen Unebenheiten des Jahreswechsel wirst du dich jedenfalls länger erinnern, als wenn alles glatt gegangen wäre, oder? Genieße das Jahr. LG Mila

    • Petra Gust-Kazakos schreibt:

      Ich habe den Besuch sehr genossen : ) Ich fand es eher bemerkenswert, dass je nach Inszenierung ein grandioses Stück auch mal verlieren kann. Und die Bar war so eben in jeder Hinsicht ein Erlebnis ; ) Liebe Grüße!

  4. haushundhirschblog schreibt:

    Ach, das klingt einfach wunderbar, liebe Petra!
    Und wir schließen uns Mila hinsichtlich der „Unebenheiten“ gerne an!
    Winter in Wien erinnert mich an den weißen Glühwein in einem dieser vielen Keller … hmm.
    (Ich glaub‘, jetzt gibt es Weinchen.)
    Liebe Grüße von uns,
    mb und dm

    • Petra Gust-Kazakos schreibt:

      Hallo, ihr Lieben! Ja, es war wirklich wunderbar mit unseren Freunden und Wien ist einfach eine großartige Stadt – wie schön, dass sie da hingezogen sind : ) (Im Sinne von: Wenn sie schon wegziehen, dann wenigstens in eine tolle Stadt.) Glühwein habe ich gar nicht getrunken, fällt mir gerade auf, wir tranken meist Sekt, Wein oder Cocktails – und viel Kaffee am nächsten Morgen ; )
      Ein Weinchen gibt es nachher bei uns auch, dann können wir uns im Geiste zuprosten *kling*
      Liebe Grüße!

  5. chapitreonze schreibt:

    Sugar in the morning ! Happy New Year my dear Petra ! xxxx

  6. Frau Blau schreibt:

    nun frage ich mich ernsthaft, ob dieses Granteln einfach zu den WienerInnen gehört … ich war nur einmal dort, Abschlussfahrt Realschule 1971 … granteln und andere Unhöflichkeiten haben sich mir ins Gedächtnis gegraben, nun ja, ein wenig anderes auch … wie eine schlechte Inszenierung im Burgtheater, oder lag es an den hintersten Stehplätzen, dass ich unmutig dem Stück folgte, von dem ich heute nicht mehr weiß was es eigentlich war …

    vielen Dank für deinen ausführlichen Bericht, der mich nun doch neugierig aufs Wien 2013 machte …
    an dieser Stelle wünsche ich dir von Herzen ein buntes und spannendes neues Jahr
    Ulli

    • Petra Gust-Kazakos schreibt:

      Liebe Ulli, so ein bisschen Gegrantel, wie bei dem Kellner, finde ich eigentlich ganz charmant, er war auch durchaus nicht unhöflich dabei, vielleicht gehörte es einfach dazu. Oder werden die Kellner womöglich dazu aufgefordert vom Chef, damit die Touris bekommen, was sie erwarten? ; )
      Eine Vorstellung im Stehen durchzuhalten, das geht vermutlich noch am ehesten, wenn man ein Stück unter allen Umständen sehen, aber nicht zu viel Geld dafür ausgeben möchte. Mir wäre das zu anstrengend, kein Wunder, dass du dabei „ausgestiegen“ bist.
      Dir auch ein wunderschönes 2013 & liebe Grüße!

  7. jexner schreibt:

    Geh mal beim nächsten Besuch in’s Hotel König von Ungarn, das ist klasse. Superaltmodisch und mit einem schicken überdachten Innenhof.

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