Interview mit Kristina Krämer, Site Merchandiser von Abebooks
Kristina Krämer hat kürzlich für abebooks.de „Tipps zur Pflege und Aufbewahrung von Büchern“ zusammengestellt. Hilfreiche Tipps, wie ich betonen möchte, doch aus meiner Sicht vor allem für besonders wertvolle Bücher. Mit dem Gros meiner Bücher, darunter auch etliche Taschenbücher oder 2nd-Hand-Ware, gehe ich doch deutlich lockerer um. Wie hält es Kristina Krämer mit ihren eigenen Büchern?
„Von den einfachsten Grundlagen, die man eigentlich gar nicht erwähnen muss, bis hin zu Expertentipps für Sammler antiquarischer Bücher ist alles dabei“ heißt es in der Intro zu den Tipps. Viele davon beherzigen wir wahrscheinlich sowieso, beispielsweise nicht mit frisch eingecremten Händen zu lesen. Andere, sicher ebenfalls sinnvolle Tipps, wie nicht beim Lesen zu essen, beherzige ich nicht. Schokolade und Lesen passen einfach zu gut zusammen.
Und Sie, Frau Krämer, könnten wir Sie beim Naschen während des Lesens ertappen? Falls ja, welche Bücher verführen Sie besonders zum Naschen?
Kristina Krämer: Ich gehöre zu den Menschen, die eigentlich immer und überall sowie quer durch alle Genres lesen. In meinem Bücherregal findet sich dementsprechend von den großen Klassikern über Gegenwartsliteratur bis hin zu blutigen Krimis und der kitschigsten ChickLit so ziemlich alles. Durch meine vorherigen Tätigkeiten bei verschiedenen Kinder- und Jugendbuch-Verlagen habe ich außerdem eine große Sammlung an Büchern für die jüngere Zielgruppe. Ich nasche allerdings nur höchst selten während des Lesens.
Das tut Ihren Büchern sicher gut.
Sie empfehlen, zum Lesen am besten ein Buchkissen oder eine Buchwiege zu nutzen, um den Buchrücken nicht zu brechen. Ich muss gestehen, dass ich bei Taschenbüchern durchaus knicke, weil man ab dem zweiten Drittel sonst kaum noch den Text lesen kann. Macht Ihnen das Bauchschmerzen oder würden Sie diesen Tipp eher in die Kategorie „Beherzigen bei besonders wertvollen Büchern“ einordnen?
Kristina Krämer: Bei diesem Thema scheiden sich wohl die Geister. Ich kenne so manchen Vielleser, für den das Knicken des Buchrückens eine Todsünde darstellt. Ich selbst gehöre eher der entgegengesetzten Fraktion an und finde es meist überhaupt nicht schlimm, wenn man einem Buch ansieht, dass es gelesen wurde. Das ist für mich das Buch-Äquivalent zu Lachfältchen.
Besonders bei Taschenbüchern steht für mich eher der Lesespaß im Vordergrund und wenn ich den Text ohne Knicken nicht lesen kann, dann knicke ich, wenn es sein muss – frei nach dem Motto „so wenig wie möglich, so viel wie nötig“. Hardcover werden von mir etwas pfleglicher behandelt. Was übrigens meiner Meinung nach gar nicht geht, ist ein ausgeliehenes Buch nicht mit der größten Sorgfalt zu behandeln und in wesentlich schlechterem Zustand zurückzugeben.
Man sollte sich aber bewusst sein, dass ein Buch, das gut behandelt wird, auch länger hält. Gerade bei viel gelesenen Lieblingsbüchern ist es doch schade, wenn sie auseinanderfallen. Auch wenn man seine Bücher aber später einmal verkaufen möchte, sollte man bedenken, dass ein schlechter, zerlesener Zustand zu einer Wertminderung führt.
Oh ja, da stimme ich Ihnen völlig zu: Geliehene Bücher sind mit größter Sorgfalt zu behandeln!
Haben Sie zufällig einen Tipp, wie man diese besonders starren Taschenbücher lesen könnte, ohne sie so stark zu knicken?
Kristina Krämer: Wenn es einen besonderen Trick gibt, habe ich ihn leider noch nicht entdeckt. Wenn aber jemand, der dieses Interview liest, einen heißen Tipp hat, nehme ich ihn gerne in meine Liste auf.
Ich fürchte ja fast, es gibt keinen – aber mal schauen, vielleicht haben meine Bloggäste eine gute Idee.
Von Notizen in Büchern raten Sie eher ab, wenn dann nur mit Bleistift, sodass man sie später ausradieren kann. Ich mache mir oft Anmerkungen in meinen Büchern oder unterstreiche bestimmte Stellen, besonders in der Sach- und Fachliteratur, aber nicht nur. Beim Wiederlesen ist das für mich ganz interessant: Mal verstehe ich nicht mehr so ganz, warum ich mir gerade diese Stelle angestrichen habe, aber noch öfter freue ich mich darüber. Das geht mir übrigens auch bei gebrauchten Büchern mit Anmerkungen so. Wie halten Sie es bei Ihren Büchern mit Anmerkungen oder Unterstreichungen, können Sie sich die immer verkneifen?
Kristina Krämer: Bei der privaten Lektüre versuche ich soweit wie möglich auf Anmerkungen zu verzichten. Wenn mir einmal ein Zitat besonders gut gefällt, schreibe ich es mir lieber samt Fundstelle in mein Notizbuch oder mache ein Foto mit meinem Smartphone, falls es einmal ganz schnell gehen muss. Bei der Recherche bin ich je nach Buch weniger zimperlich: Da werden wichtige Textstellen auch gerne mal mit 5 verschiedenen Farben Textmarker angestrichen und mit Notizen vollgekritzelt. Bei wertvollen Büchern mache ich mir aber lieber vorher eine Kopie des Textes oder mache mir außerhalb des Buches Notizen.
Das sind ja gleich mehrere gute Ideen auf einmal! Besonders, die Zitate abzuknipsen oder Kopien von Texten zu erstellen, die man dann nach Herzenslust vollkritzeln kann.
Wie lange mussten Sie recherchieren, um die Tipps zusammenzustellen? Haben Sie sich dabei auch mit Sammlerinnen und Sammlern wertvoller Bücher ausgetauscht?
Kristina Krämer: Alles in allem habe ich circa drei Wochen für diesen Text recherchiert. Dabei muss ich aber auch erwähnen, dass einer meiner kanadischen AbeBooks-Kollegen bereits einen umfangreichen Text zur Buchpflege auf Englisch verfasst hatte, den ich als Ausgangsbasis verwendet habe. Diese Tipps waren allerdings noch stärker auf Bibliophile mit teuren und empfindlichen Büchersammlungen ausgerichtet, daher war es mir wichtig, auch grundlegende Tipps für den Otto-Normal-Leser in meine Empfehlungen aufzunehmen. Auch unter meinen deutschen Kollegen sind passionierte Büchersammler, mit denen ich mich ausgetauscht und die ich um Ergänzungen gebeten habe. Außerdem habe ich viele meiner Tipps aus Fachbüchern zum Thema Büchersammeln und Bibliophilie gezogen.
Hat sich durch Ihre Arbeit für Abebooks Ihr Umgang mit Büchern in irgendeiner Weise verändert?
Kristina Krämer: Aus meinem Studium der Buchwissenschaft und der Literaturwissenschaft wusste ich bereits sehr viel über den bestmöglichen Umgang mit Büchern. Vor allem dadurch, dass ich im Rahmen meines Studiums viele Museen und Bibliotheken mit außergewöhnlichen Büchersammlungen besuchen konnte und dort oft hinter die Kulissen blicken durfte. Dennoch lerne ich bei meiner Arbeit ständig hinzu. Bis zu der Recherche für meinen Artikel wusste ich beispielsweise nicht, welche Vorteile Bücherregale aus Zedernholz bieten können. Außerdem stoße ich fast täglich auf faszinierende Bücher und interessante Autoren, sodass meine Buchwunschliste langsam ins Unermessliche wächst.
Ja, die Bücherwunschliste, ein Dauerthema für uns Vielleserinnen und -leser : )
Was ist das wertvollste Buch Ihrer Bibliothek? Mich interessiert sowohl, welches Buch besonders wertvoll im materiellen Sinne ist, aber auch, welches Buch für Sie den größten persönlichen Wert besitzt und, wenn Sie das beantworten möchten, auch warum?
Kristina Krämer: Den größten ideellen Wert besitzt ein für mich ganz persönlich angefertigtes Buch. Gegen Ende unseres Studiums haben einige enge Freunde mir als Geburtstagsgeschenk eine personalisierte Ausgabe von Alice im Wunderland geschenkt, in der die Figuren statt der bekannten Namen nach mir und meinen Freunden benannt sind. Diese Erinnerung an unsere gemeinsame Zeit hat einen ganz besonderen Platz in meiner Büchersammlung und wird von mir hoch in Ehren gehalten.
Das materiell wertvollste Buch in meiner Bibliothek ist eine Shakespeare-Gesamtausgabe in einem (sehr dicken) Band, die ich mir während eines England-Urlaubs gegönnt habe. Der Preis von rund 200 € ist zwar nichts im Vergleich zu den Summen, die viele Sammler ausgeben, aber für mich war das damals als Studentin sehr viel Geld. Und da ich beim Stöbern auf AbeBooks ständig auf begehrenswerte Bücher stoße, bin ich mir sicher, dass meine Bibliothek sowohl in Hinblick auf Anzahl als auch Wert der Bücher noch um einiges wachsen wird.
Das ist wirklich eine ganz besonders schöne Idee von Ihren Freunden gewesen.
Ich danke Ihnen herzlich für das Interview und wünsche Ihnen noch viel Freude beim Hegen und Pflegen Ihrer Bibliothek!
Vergnügliche, interessante Lesung mit hilfreichen Tipps, Petra. Ein sehr feines Interview!
Liebe Grüße, Dina
Vielen Dank, liebe Dina : )
Geknickte Buchrücken als Äquivalent zu Lachfältchen – was für ein hübscher Vergleich!
Ja, den finde ich auch herrlich!
Da muss ich jetzt schon einen sehr weiten Schritt zurücktreten, um den Charme des Vergleichs nachempfinden zu können. 😉 Bin da wohl Purist. Komme ich mit einem Buch in den Regen, sage ich mir: Lieber werde ich nass als das Buch. Ich nehme keinen dauerhaften Schaden dabei, das Buch schon. Früher habe ich die empfindlichen Suhrkamp-Taschenbücher sogar mit einem Taschentuch zwischen Hand und Buch gelesen, um jeden Abrieb zu vermeiden. Na gut, darüber schüttel ich inzwischen auch den Kopf.
: ) Mir geht es da wie Kristina, bei Taschenbüchern bin ich deutlich entspannter als bei festgebundenen. Zumal Taschenbücher, nachdem eine Weile der Zahn der Zeit an ihnen nagte, sowieso wesentlich schneller alt aussehen als ihre Kollegen in Leinen o. ä. Früher sah ich das noch anders, inzwischen sind sie für mich eher Gebrauchsgegenstände, die sich bei fleißigem Gebrauch nun mal abnutzen – und bei Bedarf ersetzt werden können.
„Schokolade und Lesen passen einfach zu gut zusammen.“ – Genau, finde ich auch :-).
: ) Und wenn man aufpasst, passiert meist auch nix.
Zu spät. Nicht für das Buch. Auch nicht für die Schokolade. Aber für die Figur. Ein schönes Interview. Nur ein Rätsel bleibt. Der Vorteil von Zedernholz?
Ich habe mal gelesen, dass früher Kleidertruhen aus Zedernholz gebaut wurden, um Motten fernzuhalten, vielleicht hält es generell Tierchen fern, die Büchern Schaden könnten.
Stimmt…es gibt ja auch Zedernholz-Teile statt des häßlichen Mottenpapiers für den Kleiderschrank zu kaufen.
Genau. Was auch funktioniert: Ein paar Tropfen ätherisches Zedernholzöl auf z. B. ein Duftkissen oder ein altes Taschentuch. Riecht etwas intensiver und muss nur gelegentlich nachgetropft werden.
Hallo Ihr beiden,
nicht nur Motten, auch anderes Ungeziefer und Buchschädlinge werden durch Zedernholz ferngehalten.
Das und vieles mehr über Bücher, Bibliotheken und den Umgnag mit ihnen erfährt man nebenbei in dieser schönen Erzählung: http://lustauflesen.de/das-papierhaus/
lg_jochen
Ein schönes Buch, das hab ich auch vor einigen Jahren gelesen … Wusste gar nicht mehr, dass das Thema da auch vorkam. Liebe Grüße!
Die Buchlachfältchen haben mir auch besonders gut gefallen. Und ja, ein Buch darf durchaus gelesen aussehen. Bloß Eselsohren mag ich gar nicht. Und Spaghetti als Lesezeichen auch nicht. Aber sonst passen Essen und Lesen sehr gut zusammen. Vielleicht wäre noch ein Tipp hilfreich, wie man verliehene Bücher wieder zurück bekommt. 😉
: ) Oh ja, das wäre auch sehr hilfreich!
Danke für die Hinweise zum Aufbewahren von Büchern.
Jetzt fehlen mir nur noch die richtig alten, wertvollen Bücher dazu 😉
… Naja, auch meine neuen Bücher freuen sich über eine ordnungsgemäße Aufbewahrung. Ich habe beim Lesen des Berichts festgestellt, dass ich zu sorglos mit meinen Büchern umgehe.
Solange sie bisher keinen Schaden genommen haben, geht’s ja noch …
Das nenne ich einfach einmal nur Klasse dargelegt, Super! MlG Philip
Danke dir!
Hat dies auf philipwernerk rebloggt und kommentierte:
Ich finde diese Inspirationen einfach Klasse!
„Bücher sind heilig und de entsprechend zu behandeln!“ Magister Somnus
: )