Das Phänomen, dass Bücher über Bücher sprechen – oder in Büchern über Bücher gesprochen wird – kennen all jene, die sich für literaturwissenschaftliche Sekundärliteratur interessieren. Oder zumindest für Bücher über Bücher. Doch eigentlich spricht Umberto Eco in Bücher sprechen über Bücher nicht so sehr in Büchern, sondern vielmehr in Streichholzbriefchen über Literatur und viele andere Themen.
Dieses kleine, hübsch gemachte Büchlein (insgesamt 48 Seiten), erschienen Ende September im Carl Hanser Verlag und übersetzt von Anna Leube, war ein Geschenk von meinem Lieblingsbuchhändler meiner Lieblingsbuchhandlung, dem Stephanus zu Karlsruhe. Das passte prima, denn ich kaufte an jenem Tag auch den neuen Roman von Eco, Nullnummer (dazu ein anderes Mal mehr).
Das kleine Büchlein nun enthält 13 (nicht 12, wie auf der Verlagsseite angegeben) der sogenannten Streichholzbriefe von Eco. Von denen hatte ich schon einige gelesen in der reizenden Sammlung Wie man mit einem Lachs verreist und andere nützliche Ratschläge, worin Eco selbst in der Vorbemerkung die Sache mit den Streichholzbriefen erläutert. Die gehen nämlich zurück auf seine Texte, die er für den Espresso geschrieben hatte unter der Rubrik „La Bustina di Minerva“, von denen wiederum einige eben als „Streichholzbriefe“ in der Zeit erschienen sind. Nun klingt „Bustina di Minerva“ ja nicht unbedingt, als sei dessen wörtliche Übersetzung „Streichholzbriefe“, aber so heißen in der Tat in Italien diese kleinen Behältnisse für Streichhölzer, auf deren Innenseite man etwas notieren kann. Wobei natürlich Ecos Kolumnentexte kaum auf so ein Briefchen passen würden, selbst wenn man klitzeklein schrübe.
Jedenfalls: Ecos Texte unter anderem über Bücher, das Sammeln selbiger, über Literatur und bestimmte Gattungen und Autoren, aber auch über Politik, Verschwörungstheorien oder die Probleme mit den jungen Fünfzigjährigen sind sehr amüsant und lesenswert. Witzig fand ich, dass sich Teile des Textes „Neueste Nachrichten: Die Ermordung Julius Cäsars“ in seinem Roman Nullnummer finden. Am besten gefiel mir „Das Vergnügen an der Verzögerung“, worin Eco sich ein bisschen über Speed Reading lustig macht und stattdessen das langsame, gründliche Lesen empfiehlt. Dem kann ich mich nur anschließen, dann kann man auch die kurzen Texte in diesem kleinen Büchlein ausführlicher genießen.
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Stephans in Karlsruhe. Kenne ich. Siehe an. Gute Wahl 🙂
Finde ich auch : ) Das ist ja ein netter Zufall, dass du diese Buchhandlung ebenfalls kennst. Irgendwann werde ich sie auch mal hier auf meinem Blog etwas genauer vorstellen.
Ah, sehr schön! Kannst Du mir sagen, ob er etwas über das Verhältnis von Moderne und Postmoderne schreibt? Das würde mich interessieren.
Hm, geht so, nicht direkt. Es ist ja wirklich nur ein kleines Büchlein mit kurzen Texten … Aber trotzdem nett und günstig zu erwerben, falls man es nicht geschenkt bekommt.
Danke! Ich komme darauf, weil im Nachwort zur Neuauflage der Name der Rose in den 80ern ungefähr vier Seiten zu diesem Thema stehen. Dieses Statement gehört mittlerweile zum Kanon der Postmoderne-Diskussion. Ich frage mich, ob er sich sonstwo noch dazu geäußert hat…
Das klingt ja total interessant! Ich las ein geliehenes Exemplar in den Neunzigern, kann mich aber nicht an ein entsprechendes Nachwort erinnern, das mich allerdings seeehr interessieren würde. Könntest du, sofern dir die Auflage vorliegt, mal genau kucken, welche das ist & von wann genau? Vielleicht bekomme ich die ja 2nd Hand. Oder vielleicht befindet sich dieses Nachwort ja überhaupt in allen späteren Auflagen?
Das kann ich gar nicht so genau sagen. Ich habe dir das Nachwort aber hochgeladen. Die Quelle dazu lautet: Wolfgang Welsch (Hg.): Wege aus der Moderne. Schlüsseltexte der Postmoderne-Diskussion. Weinheim 1988, S. 75-78.
https://dl.dropboxusercontent.com/u/5380040/pdfs/GER_Eco_Postmoderne.PDF
Großartig, du bist ein Schatz! Vielen Dank!
Ach….welch eine feine Taschenunterwegs Empfehlung. Espressogedanken in Papier. Danke
Sehr gern : ) Für unterwegs ist es in der Tat perfekt, so las ich es auch, in der Straßenbahn. Hätten von mir aus gern noch mehr Texte drin sein dürfen.
So ist es oft bei Pralinen.
Wie wahr : ) Nun hab ich Lust auf was Süßes …
Feine Schokolade liegt meist bei den Büchern. Kekse im anderen Regal.
Hab noch feine Schoki gefunden. Mjam.
Auf das sie wie feine Sätze mundet.
Du zählst aber auch wirklich alles nach! 🙂 Ein Hoch auf das Slow Reading…
Kicher, dabei hab ich es ja eher mit Buchstaben als mit Zahlen, aber zählen kann ich ganz gut ; )
Hochachtung, wirklich. 🙂
Ja, ja ; )
Schon bestellt, Petra.
Ich fand, dass Eco auch schon in Baudolino viel über Bücher geschrieben hat.
Aber zur Zeit lese ich „Wie man eine wissenschftliche Abschlußarbeit schreibt“ von Eco. Humorvoll gibt er in diesem Buch Hinweise, was zum guten Schreiben gehört.
Einen schönen Freitag sendet dir Susanne
Das ist ja fein, liebe Susanne! Das Buch, das du derzeit liest, klingt auch gut. Ich muss zwar keine wissenschaftlichen Abschlussarbeiten mehr verfassen, aber vermutlich liest es sich auch gut einfach so. Dir noch einen gemütlichen Abend & liebe Grüße!
Ja, da hast du Recht, es liest sich einfach gut und es sind eine Menge guter Tips für meine Bachelorarbeit enthalten.
Da habe ich ja gleich was für die Weihnachtsliste… Schließlich muss man sich ja hin und wieder auch selbst was Gutes tun. 😉 Ich wünsch Dir ein schönes Wochenende mit viel Zeit zum Slowreading, Peggy
Danke, liebe Peggy, das wünsche ich dir auch : )
Liebe Petra,
vor ein paar Stunden bin ich auf der Suche nach aussagekräftigen Rezensionen für neuen Lesestoff über deinen Blog und deinen Beitrag gestolpert! Vielen Dank für deine schönen Eindrücke. 🙂
Tatsächlich kannte ich Eco bislang (leider) nur als Romanautoren (besonder die schon genannten Baudolino, der Name der Rose, …). Daher ist es umso erfrischender, einmal etwas Kurzes vom „Großmeister“ (nein, keine freimauerische Anspielung ;-)) lesen zu dürfen. Also rein in die Bahnhofsbuchhandlung und da lag es auch schon: das letzte Exemplar des neuen „Ecos“! Noch bin ich nicht ganz durch, aber auf jeden Fall sehr begeistert. Tatsächlich betrifft mich seine Kritk am langsamen Lesen persönlich. Ich selbst habe im Studium ein hohes Pensum an „zu bewältigender“ Literatur und muss mir immer wieder selbst auf die Finger, bzw. auf die Augen klopfen, langsamer zu lesen, um MEHR vom Text zu haben.
Glücklicherweise dauert meine Zugfahrt noch etwas – so kann ich genüsslich weiterschmökern. 🙂
Viele Grüße 🙂
Lieber Laurenz,
erst einmal: Herzlich willkommen hier & vielen Dank für deinen freundlichen Kommentar! Finde ich ja prima, dass ich dich für das Büchlein begeistern konnte.
Ja, das mit dem Lesetempo ist so eine Sache. Inzwischen lese ich spannende Unterhaltungsromane ratzfatz, aber beispielsweise Romane aus dem 19. Jahrhundert, die einen anderen Rhythmus, einen ruhigeren Fluss haben, oder eben auch Romane von Eco und anderen meiner Favoriten möglichst langsam, um ausführlich darin, in der Sprache, den Bildern zu schwelgen. Aber wenn man viel in einer gegebenen Zeit lesen muss, dann geht es nun mal nur schnell.
Viele Grüße!