Urlaubslektüre von Mary Ann Shaffer

In einer Buchhandlung in Nizza fand ich ein leichtes Urlaubsbüchlein, das ich in einem Rutsch durchlas: The Guernsey Literary and Potato Peel Pie Society von Mary Ann Shaffer und Annie Barrows. Im Deutschen lautet der Titel Deine Juliet. Beide Titel passen, denn es geht in der Tat um die Guernseyer Literatur- und Kartoffelschalenkuchen-Gesellschaft während und nach dem Zweiten Weltkrieg – und es ist ein Briefroman.

Juliet ist Autorin und sucht nach einem Thema für ihr nächstes Buch. Der Krieg ist gerade vorbei und ihre Kolumnen, die sie während des Krieges schrub, wurden in einem Buch veröffentlicht, für das sie eine Lesetour durch Großbritannien unternimmt. Zuvor hat sie bereits eine Biographie über Anne Brontë verfasst – offensichtlich ist sie also an Menschen und ihren Schicksalen interessiert.

Durch einen Brief eines gewissen Dawsey Adams wird Juliet auf das Schicksal der Menschen in Guernsey während des Krieges aufmerksam. Die Kanalinsel war komplett abgeschnitten vom Rest Englands und besetzt von den Deutschen. Die Literatur- und Kartoffelschalenkuchen-Gesellschaft war ursprünglich eine Notlüge, um deutsche Soldaten zu täuschen, die ein paar Inselbewohner nach der Sperrstunde antrafen. Dann aber entstand tatsächlich ein kleiner Buchclub daraus.

Juliet erfährt immer mehr über die Menschen dort und beschließt, sie zu besuchen. Natürlich ist sie sofort von ihnen und der Insel bezaubert und natürlich wird sie hier nicht nur ein Thema für ihr nächstes Buch, sondern auch ihre große Liebe finden. Das ist zwar alles ein bisschen vorhersehbar, aber trotzdem amüsant und leicht geschrieben. Manchmal zu leicht, denn die Einzelschicksale, die Besatzungszeit, Kinderverschickung, Zwangsarbeit, Konzentrationslager und Opfer, sind zuweilen gar zu watteweich eingebettet in die launige Erzählung.

Dennoch: Wer nach einer netten Urlaubslektüre sucht, ist mit diesem Büchlein gut bedient. Der Perspektivwechsel in Form mehrerer Briefe, die Juliet und ihre Freundinnen, Freunde und Bekannte einander schreiben, verleiht der Story zusätzliche Spannung. Eine hübsche Abwechslung zu den üblichen Cliffhangern.

Was mich persönlich noch besonders berührte, war das Schicksal der Autorin Mary Ann Shaffer, die aufgrund einer Krankheit ihr Buch nicht selbst beenden konnte. Dies tat ihre Nichte Annie Barrows. Mary Anne Shaffer starb 2008, ihr Buch wurde kurze Zeit später veröffentlicht. Mehr dazu (auf Englisch) auch hier.

Über Petra Gust-Kazakos

Fiel als Kind in eine Buchstabensuppe; Femme de lettres, virtuelle Salonière, Public Relations Managerin, Autorin, stets lese- & reiselustig https://phileablog.wordpress.com/
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7 Antworten zu Urlaubslektüre von Mary Ann Shaffer

  1. Lakritze schreibt:

    Gute Zusammenfassung! Historisch schrappt das Buch elegant an allen substantiellen Fragen vorbei; trotzdem steht es auf Guernsey natürlich in jedem Buchladen, und es werden Führungen, Postkarten und Rezeptbücher zum Thema angeboten.

    • Petra Gust-Kazakos schreibt:

      Kicher, echt? Na, passt ja. Wer will sich schon im Urlaub ernsthaft mit substantiellen Fragen belasten, seufz. Etwas mehr Tiefe hätte ich schon sinnvoll hier gefunden. Aber gut, es unterhält. Man sieht praktisch schon den Film vor dem geistigen Auge.

  2. Penelope schreibt:

    Das einzig wirklich schöne an Ebook-Readern ist, das sich neugierige Leute wie ich ganz schnell einen Auszug laden und ein bisschen Probelesen können. Habe ich gerade gemacht *~* & gefällt mir natürlich! Danke für den Tipp!

  3. Ailis schreibt:

    Das klingt wirklich nach einer leichten Lektüre für zwischendurch, wenn man sich mal nicht mit zu viel Anspruch belasten will. Ist notiert!

  4. Klappentexterin schreibt:

    Oh, wie schön! Ich habe es geliebt, dieses feine Büchlein!

    Herzlichst,
    Klappentexterin

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