Athen: Free Thinking Zone

FTZ_schaufensterLange Zeit hatte ich den Traum, ein Bücher-Café zu eröffnen. Es sollte ein Ort sein, an dem sich die Menschen in entspannter und inspirierender Umgebung treffen, um zu lesen oder miteinander zu diskutieren, um sich eine Lesung anzuhören oder eine Ausstellung anzusehen. In Athen gibt es einen Ort, an dem dieser Traum Wirklichkeit geworden ist: Die Konzept-Buchhandlung Free Thinking Zone.

Seit mir meine Schwiegermutter vor einigen Monaten von der Free Thinking Zone in Athen erzählt hatte, wusste ich: Das will ich sehen! Und bei unserem Rundgang durch Athen vor einigen Wochen, führte uns unser erster Weg dorthin. Mit der Free Thinking Zone hat Areti Georgili sich ihren Traum verwirklicht – und das ausgerechnet während der größten wirtschaftlichen Krise, noch dazu am Schnittpunkt zweier Viertel, die unterschiedlicher kaum sein könnten: Das schicke Kolonáki mit seinen exklusiven Geschäften und Exárchia, ein studentisches Multi-Kulti-Viertel, das für Athens rebellische Vergangenheit (und Gegenwart) steht und damit im völligen Gegensatz zu allem, was Kolonáki verkörpert.

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Die Free Thinking Zone ist nicht einfach nur eine Buchhandlung, sondern ein Knotenpunkt für progressive Gedanken, Konzepte und Themen, um die zeitgenössischen Probleme – übrigens nicht nur Griechenlands – aktiv anzugehen. Hier treffen sich nicht einfach nur Leser, Buchhändler und Autoren, sondern Menschen, die bereit sind, die ausgetretenen gesellschaftspolitischen Denkpfade zu verlassen und die Initiative zu ergreifen.

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FTZ_Bar2Areti muss eine mutige, willensstarke und gut organisierte Persönlichkeit sein, um dieses Wagnis auf sich zu nehmen. Außerdem ist sie überaus freundlich. Ich stellte mich kurz vor und obwohl sie sichtlich mit vielen anderen Dingen beschäftigt war, nahm sie sich Zeit für ein Gespräch. Immer wieder unterbrochen von Telefonaten, es ging um Veranstaltungen, Besuche bei hohen Persönlichkeiten und etliches mehr. Das war aber kein Problem, denn die Buchhandlung bietet so viel fürs Auge, auch wenn man nicht besonders gut Griechisch spricht und daher die griechischen Bücher nicht lesen kann, dass mir keineswegs langweilig wurde. In der Mitte des Raum gibt es eine schöne Bar, ringsherum Tische, Stühle, eine Ecke mit Literatur für Kinder, außerdem Kunst und eine höchst interessante Installation an der Decke der Buchhandlung.

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Zwischendurch erzählte Areti, dass sie dabei ist, Kooperationspartner in anderen Ländern zu suchen, beispielsweise in Paris. Falls ihr eine interessierte Buchhandlung in Deutschland kennt, die ein ähnliches Konzept hat, stelle ich gern den Kontakt zu Areti her.

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Da Areti eine kleine Reihe mit Kurzgeschichten und Gedichten griechischer Autorinnen und Autoren herausgibt, kam ich sogar noch zu meinem Lektürekauf, denn die Texte sind auf Griechisch und Englisch gedruckt.

Über Petra Gust-Kazakos

Fiel als Kind in eine Buchstabensuppe; Femme de lettres, virtuelle Salonière, Public Relations Managerin, Autorin, stets lese- & reiselustig https://phileablog.wordpress.com/
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37 Antworten zu Athen: Free Thinking Zone

  1. zolaski_lz schreibt:

    Welch ein Zauberhafter Denkraum.

  2. J. Kienbaum schreibt:

    Ich bin mir sicher, gäbe es mehr Menschen wie Areti, wäre die Welt ein ganzes Stück besser. Und Läden, die Buchhandlung, Café, Free Thinking Zones und Orte des offenen Dialogs sind, bräuchte es auch viel mehr. (Musste mal raus.) lg_jochen

  3. belmonte schreibt:

    Ich denke, der Buchladen Artes Liberales in der Heidelberger Altstadt (http://www.artesliberales.name) hat ein ganz ähnliches Konzept.

  4. gkazakou schreibt:

    Sehr gut geschrieben. Petra, ich habe mich sehr gefreut.

  5. hokuspokus77 schreibt:

    Schön, mutig und auch Mut machend.

  6. Liebe Petra,
    vielleicht guckst Du Dir mal die Seite vom Café Buchoase in Kassel an, ebenfalls ein Treffpunkt für kritische meist jüngereLeute, vollgestopft mit Büchern, sie bieten selbst gemachten Kuchen und kleine Speisen an, alles sehr gemütlich, es finden Vorträge, Lesungen und Musikveranstaltungen statt, geleitet wird das Café ebenfalls von einer Frau, sie ist ursprünglich Palästinenserin. Das Café Buchoase hat sich schon über etliche Jahre gehalten und ist sogar gewachsen. Manchmal werden Träume real. Herzlich grüßt Hella Jäger-Mertin aus Kassel

  7. Maren Wulf schreibt:

    Das sieht wirklich wunderbar anregend aus, liebe Petra! So einen Laden ausgerechnet an diesem Ort zu eröffnen, ist natürlich mutig. Auf der anderen Seite wird der Gesprächsstoff dort sicher nicht so leicht ausgehen. Allmählich machst du mir übrigens richtig Lust, Athen, das mich nie so recht begeistern konnte, eine „zweite Chance“ zu geben. 😉

  8. IngridW schreibt:

    Ein sehr schöner Bericht! – Ich glaube, es gibt so etwas wie einen Trend Richtung Bücher-Cafés. Während meines diesjährigen Bretagne-Aufenthalts bin ich auf zwei gestoßen, hier in NRW ist mir eines in der Nähe von Solingen durch Berichte bekannt, in einigen anderen Kommentaren wurden welche genannt. Das ist eine sehr schöne und begrüßenswerte Entwicklung.

  9. Mina schreibt:

    Wow! Liebe Petra, das ist ja eine der schönesten Buchhandlungen, die ich je gesehen habe! Danke fürs Zeigen!

  10. tobiaslindemann schreibt:

    Solch einen Ort würde ich mir auch in meiner Stadt wünschen! Bücher und Begegnung, Kultur und Politik vereint, so muss es sein.

  11. herbstblatt101 schreibt:

    Das ist ein wunderbarer Ort. Petra, ich hoffe dein eigener Traum wird irgendwann Wirklichkeit. Weil, wann kommt man schon nach Athen? Die „Free Thinking Zone“ ist ein schöner Zufluchtsort. Deine Bilder und deine Zeilen sind wunderschön. Da fällt mir direkt der heutige Beitrag über Arnon Grünberg auf ttt in der ARD ein. Sein liebster Ort ist ein Literaten-Cafe in Amsterdamm. Sah gemütlich aus. Ebenso das legendäre romanische Café damals in Berlin, wo Mascha Kaléko unter anderem den werten Ringelnatz kennenlernte, ist mir wieder eingefallen. So schön!

    Ich sende dir liebste Grüße,
    Tanja

    • Petra Gust-Kazakos schreibt:

      Vielen Dank! Solche Orte sind wirklich ganz besonders, liebe Tanja. An den Kommentaren ist zu sehen, dass viele sich solche Orte wünschen in ihrer Nähe bzw. dass sie sie zu schätzen wissen, wenn sie ihn gefunden haben. Da kann ein normaler Buchhandelskettenladen nicht mithalten, selbst wenn er eine Café-Ecke hat. Es fehlt die Seele … Liebe Grüße!

  12. Susanne Haun schreibt:

    Du hast einen schönen Traum, Petra. Vielleicht wird er ja auch einmal für dich wahr!
    In Berlin ist der trennt zum Büchercafe auch zu erkennen.
    Liebe Grüße sendet dir Susanne

  13. juneautumn schreibt:

    Dieser Traum kommt mir irgendwie sehr bekannt vor… nur, dass er sich bei mir in einem Küstenort abspielt 🙂 Vielen Dank für die schöne Vorstellung, und die Freude zu erfahren, dass solche Orte tatsächlich existieren, wenn auch einigermaßen weit entfernt.

  14. Liebe Petra,
    diesen Traum hatte ich auch mal, war zusammen mit einer Freundin sogar schon in ganz konkreten Planungen, aber dann kam mir dieser blöde Krebs dazwischen. Aus der Traum. Aber egal, immer wenn ich so etwas sehe oder, wie heute von Dir darüber Bericht bekomme freue ich mich wie blöd, dass andere Menschen diesen Traum wahr gemacht haben. Ich drücke Arbeit alle Daumen, damit das klappt. Zumal bei ihrem Konzept ja wirklich noch eine Menge mehr dabei herauskommen kann und ich mir vorstelle, dass so etwas gerade zur Zeit in Griechenland ein bisschen in Richtung Bürgergesellschaft führenden. Quasi dröpje per dröpje pure Qualität…
    Danke für diesen schönen Beitrag und die schönen Bilder, das hat mich sehr berührt.
    Liebe Grüsse
    Kai

    • Petra Gust-Kazakos schreibt:

      Lieber Kai, ganz herzlichen Dank für deinen Kommentar! Oh, so ein schöner Traum und schon fast realisiert, das war sicher nicht leicht für dich, ihn aufzugeben (von allem anderen ganz zu schweigen) … Oder vielleicht ist er ja auch nur verschoben? So konkret wie bei dir ist es bei mir jedenfalls nie geworden, vielleicht weil ich inzwischen auch fast lieber Gast in solch einem Traum-Café wäre.

  15. Pingback: Sonntagsleserin Oktober 2014 | buchpost

  16. eulenausathen schreibt:

    Hat dies auf Eulen aus Athen rebloggt und kommentierte:
    Das ist zwar keine technologische Innovation, aber mir gefällt, wie die Free Thinking Zone als Prototyp für zukünftige Buchhandlungen dienen könnte: „Die Free Thinking Zone ist nicht einfach nur eine Buchhandlung, sondern ein Knotenpunkt für progressive Gedanken, Konzepte und Themen, um die zeitgenössischen Probleme aktiv anzugehen“. Übrigens arbeiten die auch eng mit der griechischen Startup-Szene zusammen.

  17. Pagophila schreibt:

    Toll! Ein solches Café gehört auch zu meinen gehegten und gepflegten Träumen; gut zu wissen, dass dergleichen nicht grundsätzlich dem Aussterben preisgegeben sein muss in Zeiten von Buchhandelsketten und Amazon…

  18. Andrea schreibt:

    Sehr sehr schön! Danke für den Tip! Da werde ich sicher bald mal vorbeigehen….LG aus Athen!

  19. gudrunlerchbaum schreibt:

    Ein schöner Ort. In Wien gibt es einen ähnlichen, das phil http://phil.info/biblio/

  20. Pingback: Was bleibt. Das Blogger-Jahr 2014 | danares.mag

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