Bücherkoffer Nr. 23 von Tobias Zeising/lesestunden

Bücherkoffer, Foto: © Petra Gust-Kazakos

Bücherkoffer, Foto: © Petra Gust-Kazakos

Hiermit ist die Saison offiziell eröffnet! Also, die Bücherkoffer-Saison: Die eröffne ich nämlich mit dem Bücherkoffer von Tobi, der das schöne Blog lesestunden führt. Als ich auf Twitter anregte, die Serie wieder aufleben zu lassen, war Tobi der Erste, der seinen Worten auch Taten folgen ließ.

Apropos Taten: Sehr eindrucksvoll – vom Bücherkoffer abgesehen – ist auch Tobis Toplist, die er immer mal wieder aktualisiert. Eine tolle Analyse aller möglichen Bücherblogs – unbedingt reinklicken!

Aber kommen wir nun zu seinem Bücherkoffer:

koffer_Tobi

Tobi sagt dazu: „Bei Reisen, da denke ich sofort an das Meer und den hohen Norden, denn da zieht es uns magisch hin, an die rauen Gestade des Atlantiks, der Ost- oder Nordsee. Eine latente Sehnsucht nach etwas, das sich nur schwer fassen und beschreiben lässt. Für gewöhnlich sind unsere Urlaube voller Rastlosigkeit, selten verweilen wir an einem Fleck. Stattdessen wird die Gegend erkundet, viel fotografiert und der Moment genossen, der meist fern von Touristenmassen durch den Eindruck der Natur und Stille, dem Rauschen der Brandung und dem kühlen Wind der See geprägt ist. Soviel ich sonst lese, so wenig aufnahmefähig bin ich in diesen Tagen und so schwer fällt es mir in die Tiefen eines Buches abzutauchen, denn meist bin ich ganz beansprucht von all dem Neuen, dem Unbekannten, dass ich sonst meist nur zwischen den Zeilen finde. Aus diesem Grund schafft es bei mir meist nur ein einziges Buch in den Reisekoffer.

Was das Lesen angeht, so bleibt hier nur der Abend, wenn man nach einem langen, erschöpfenden aber eindrucksvollen Tag sich in ein fremdes Bett verkriecht. Meist in einem kleinen Ferienhäuschen, irgendwo in der Einsamkeit. Oder einem kleinen Gasthaus, an einem ruhigen, einsamen Ort, hoch gelegen über dem Meer mit einem Blick auf den Sonnenuntergang. Nachdem wir den Tag Revue passieren haben lassen, dann haben wir es uns angewöhnt zusammen ein Buch zu lesen. Abwechselnd lesen wir uns dann gegenseitig vor und das hat etwas sehr schönes, denn das Vorlesen, das gehört zum Menschen, wie das Singen und das Erzählen von Geschichten.

Vier Bücher möchte ich vorstellen, die in jedem Reisekoffer hervorragend aufgehoben sind, die genau für einen solche Reise ans Meer, in den Norden geeignet sind, weil sie selbst ein Stück dessen einfangen, was man dort sucht, oft aber auch darüber hinaus gehen. Silver von Andrew Motion ist das neueste Buch und beschreibt, wie der Sohn von Jim Hawkins zur Schatzinsel zurückkehrt und wie anders als erwartet sich dieser Ort präsentiert. Wunderschön sind die Beschreibungen der Insel, der Vegetation und des Meeres und stehen ganz stark im Kontrast zu den dunklen Seelen der Bewohner. Ein eindrucksvoller Roman, der mir noch besser als das Original Die Schatzinsel gefallen hat.

Im Rausch der Stille von Albert Sánchez Piñol ist ein weiteres Buch, das die ganz besondere, arktische Stimmung des Meeres einfängt. Ein irischer Freiheitskämpfer begibt sich als Wetterforscher, mit Proviant und Ausrüstung für mehrere Monate ausgestattet auf einer einsamen Insel. Dort wird er nachts von unheimlichen Wesen aus dem Meer angegriffen, es beginnt ein Kampf um Leben und Tod. Dieses Buch ist wahnsinnig spannend, besticht aber auch besonders durch diese einsame Insel, die Piñol meisterhaft beschreibt und zum Leben erweckt. Am Ende sind es aber auch in diesem Buch die Menschen, die einen so reinen Ort in etwas ganz anderes verwandeln, dabei aber nicht merken, dass es eigentlich diese eigne Welt, die Natur ist, die sie formt und verändert.

Nicht nur für längere Reisen kann ich jedem nur Der Graf von Monte Christo von Alexandre Dumas ans Herz legen. Jeder kennt die Story grob aus den zahlreichen Verfilmungen. Dieses Buch aber ist ein Meisterwerk, perfekt komponiert mit Einblicken in menschliche Abgründe, aber auch in eine Welt, die voller Wunder und Schönheit ist. Die Gefängnisinsel Château d’If, die Flucht von Edmond Dantè und der anschließende Rachefeldzug sind von so vielen verschiedenen Bildern einer scheinbar unendlich großen Welt geprägt, dass man als Leser immer wieder überrascht ist. Ich liebe dieses Buch und selbst wenn jemand einen entspannten Badeurlaub plant, kann er mit diesem Buch zu einem Abenteuer werden.

Das vierte Buch Der Blumenkrieg von Tad Williams, das liegt so neben der Spur, dass man es praktisch immer und überall lesen kann. Es handelt von Theo, einem erfolglosen Rockstar, der in einem Märchenland landet, das sich als alles andere als traumhaft offenbart. Irgendwie sehr passend, wenn man selbst auf Reisen ist und dann zusätzlich nochmal, praktisch rekursiv in eine zweite Traumwelt abdriftet. Fantasy von ganz hoher Qualität, mit einer hervorragenden Spannungskurve. Ich habe das Buch vor vielen Jahren gelesen und würde es mir für Unterwegs nun wohl als Taschenbuch nochmal besorgen. Ein perfekter Begleiter für eine Reise, die vielleicht ohnehin schon traumhaft anmutet, weil man fernab der Zivilisation unterwegs ist.

Am Ende wäre es aber wohl vermessen zu sagen, dass ein Buch ganz besonders gut für die Reise geeignet ist. Außer vielleicht der passende Reiseführer. Wenn aber Buch und Urlaubsziel gut zusammen passen, dann wird das Lese- und Reisevergnügen dadurch nur noch größer. Insbesondere dann, wenn man es mit dem/der Liebsten teilt.“

Wie wahr, lieber Tobi! Uns zieht es auch meist ans Meer. Und auch ich kann, wenn ich Blick aufs Meer habe, mindestens ebenso viel Zeit damit verbringen, aufs Meer zu schauen (und natürlich nette Sachen zu unternehmen) wie mit dem Lesen. Ganz herzlichen Dank fürs Mitmachen! Ich freue mich auf weitere Bücherkoffer der Saison : )

 

Über Petra Gust-Kazakos

Fiel als Kind in eine Buchstabensuppe; Femme de lettres, virtuelle Salonière, Public Relations Managerin, Autorin, stets lese- & reiselustig https://phileablog.wordpress.com/
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18 Antworten zu Bücherkoffer Nr. 23 von Tobias Zeising/lesestunden

  1. Pingback: [Philea's] Bücherkoffer Nr. 23 von Tobias Zeising/lesestunden - #Literatur | netzlesen.de

  2. nweiss2013 schreibt:

    Das ist ja wieder ein ganz wunderbarer Blick in einen schönen Bücherkoffer. Doppelten Dank dafür: an Petra, die die Serie hat wiederaufleben lassen, und an Tobi, der so klug gepackt hat und so schön erzählt, daß man am liebsten gleich losfahren möchte, ans Meer…

  3. J. Kienbaum schreibt:

    Sehr schön, dass wieder Koffer gepackt werden.
    Man weiß gleich, es wird langsam Sommer.
    lg_jochen

  4. Petra Gust-Kazakos schreibt:

    : ) Ich finde das auch schön, lieber Jochen! Und gleich wieder lauter Tipps zu Büchern, die ich noch nicht kenne … Liebe Grüße!

  5. Tobi schreibt:

    Huhu Petra,

    vielen Dank, dass ich bei deiner gelungenen Serie dabei sein darf. Eine echt gute Idee das Reisen und Bücherempfehlungen zusammen zu bringen, denn beides passt einfach zusammen.

    Liebe Grüße
    Tobi

  6. Pingback: Mein Bücherkoffer bei Philea’s Blog | lesestunden

  7. Catherine schreibt:

    Bin gerade über Tobis Blog auf deine Seite gestolpert und kann mich den anderen nur anschließen! Was für eine wunderschöne Idee!! Da bekomme ich auch gleich wieder Reisefieber 🙂 Und habe auch gleich mal deinen Blog abonniert.

    LG Cat

  8. Toller Post liebe Petra. So einen Koffer könnte ich auch gut gebrauchen. Im August gehts ans Meer, dann weiß ich ja was ich jetzt vorhabe.

  9. herbstblatt101 schreibt:

    Im Rausch der Stille habe ich mir direkt notiert. Klingt superinteressant! So schöne Worte über das Meer und den hohen Norden, das gefällt mir.

    • Tobi schreibt:

      Oh ja, das Buch ist echt super. Der Klappentext hat mich auch gleich angesprochen. Das hört sich spannend an und ist es auch.

      Liebe Grüße
      Tobi

  10. Der kleine Philosoph schreibt:

    Ein guter Neuanfang für eine schöne Serie 😉
    Gefällt mir 🙂

  11. Oh wie schön: Noch jemand hat diesen roten Koffer als Bücherkoffer. Bei mir fungiert er als Lesungskoffer, wenn ich aus meinen Büchern an Schulen lese. Dann sind natürlich die Bücher drin, aus denen ich lese, aber auch noch mein Chapeau-Claque (den ich inzwischen sogar zum Verlagslogo meiner edition tingeltangel gemacht habe). In diesem Sinn Chapeau für diesen ausgesprochen schönen Lesekoffer von Tobi!

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