Liebeslesen, Leselieben

BücherwandTobi, der eines meiner Lieblingsliteraturblogs führt, nämlich lesestunden.de, hat in seinem Beitrag „Warum liest du?“ einen Fragenkatalog erstellt, um von Leserinnen und Lesern (ob mit Blog oder ohne) mehr über ihre Lesegewohnheiten, Vorlieben etc. zu erfahren. Es sind viele Fragen und ich dachte, ich gruppiere sie ein bisschen. Dennoch ist dieser Beitrag vielleicht nur was für sehr Leselustige …

Gleich die erste Frage finde ich gar nicht so einfach zu beantworten: „Warum liest du?“, fragt er da ganz unschuldig, der Tobi!

Ehrlich gesagt, hat sich die Frage für mich nie so richtig gestellt. Ich habe einfach gelesen. Sobald ich es konnte, las ich schnell (mein Lesetempo heute bei Pageturnern: etwa 100 Seiten pro Stunde; bei Schriftsteller(innen) wie Proust oder bei Sach- und Fachbüchern lese ich langsamer) und viel und vieles unzählige Male (wenn es mir gefiel). Aus den verschiedensten, gelegentlich auch miteinander kombinierbaren Gründen. Als Kind sicher vor allem, um mich in spannenden, anderen Leben und Welten umzuschauen, mich unterhalten, gruseln, amüsieren zu lassen, um mir die Zeit zu vertreiben etc. Dann immer mehr auch, um mich zu informieren, um zu bestimmten Themen möglichst viele unterschiedliche Stimmen kennenzulernen, viele Aspekte berücksichtigen zu können o. ä., um meinen Horizont und meine innere literarische Landkarte zu erweitern u. v. m. Mit den Jahren fröne ich zudem verstärkt den Freuden des Parallellesens, derzeit sind es fünf angefangene Bücher, die ich alle fertiglesen möchte. Sprich: Ich habe nicht aus Langeweile bei einem Buch mit einem anderen angefangen. So, damit hätte ich schon Frage 1 und 6 beantwortet.

Gut kombinieren lassen sich die Fragen zur Quantität 4 „Wo liest du überall?“ und 5 „Liest du viel oder wenig?“: Ich lese viel und fast überall, Lesepausen gibt es eher „gezwungenermaßen“, weil ich etwas erledigen muss oder etwas Schönes vorhabe. Und weil man ja auch immer mal wieder aus den Büchern auftauchen sollte, um das Leben ebenso genießen zu können wie das Lesen.

Die Fragen 2 „Was liest du … auch Klassiker?“, 3 „Welche Autoren favorisierst du?“ und 28 „Liest du Bücher mehrmals? Wenn ja welche und warum?“ passen auch gut zusammen: Ich lese alles Mögliche, gern ältere Werke und/oder Klassiker und habe ein paar Lieblingsschriftsteller(innen), bei denen ich oft reflexhaft das neueste Buch kaufen muss, z. B. Donna Tartt, die ja leider nur alle zehn Jahre Neues veröffentlicht, Paul Auster, Siri Hustvedt … In letzter Zeit lese ich tatsächlich gelegentlich Bücher wieder, und zwar meist jene, die mich vor längerer Zeit faszinierten, um zu sehen, ob sie das immer noch tun. Jane Eyre konnte es bisher immer, ebenso Hamlet, Rebecca, Flaubert’s Parrot und Die geheime Geschichte.

Thematisch ganz gut bündeln zum Thema Qualität lassen sich die Fragen 7 „Welche Formate bevorzugst du?“, 8 „Legst du Wert auf eine hochwertige Verarbeitung deiner Bücher?“ und 9 „Liest du auch Ebooks?“: Es kommt drauf an. Bei Unterhaltungsromanen denke ich immer öfter, wenn ich einen E-Book-Reader hätte, hätte mir das auch als E-Book gereicht. Mit den Jahren habe ich meine Liebe für wirklich schön gestaltete Bücher entdeckt, die möchte ich dann auch wirklich als Buch und nicht als Datei haben. Ich lese Taschenbücher gern, zumal sie einen im Bett nicht so erschlagen wie die dicken Hardcover. Genervt bin ich nur von Taschenbuchausgaben, denen man sozusagen den Rücken brechen muss beim Auseinanderklappen, damit man sie lesen kann.

Diese vier Fragen passen gut zum Thema Bücherkauf zusammen: 10 „Wo versorgst du dich mit neuen Büchern?“, 11 „Kaufst du auch gebrauchte Bücher?“, 12 „Wieviel bist du bereit für ein gutes Buch auszugeben?“ und 19 „Worauf achtest du beim Kauf eines Buchs? Was für Kriterien muss ein Buch erfüllen, damit du es dir kaufst? Spielt der Verlag eine Rolle?“: Am liebsten kaufe ich bei meinem Lieblingsbuchhändler, aber ich stöbere auch online nach gut erhaltenen Gebrauchtbüchern, gehe bei Städtetrips oder in den Ferien gern in Buchhandlungen und Antiquariate und wenn ich ein Buch unbedingt haben will, dann zahle ich auch einen höheren Preis (zumindest, wenn er mir nicht unverhältnismäßig hoch vorkommt). Gründe für einen Bücherkauf gibt es viele: Weil ich in einem Blog eine interessante Besprechung gelesen habe, weil ich die Autorin oder den Autor schätze, weil ich schon immer mal ein bestimmtes Buch lesen wollte, weil ich gerade meine, eine „Entdeckung“ gemacht zu haben und ich von der Aufmachung oder vom Inhalt auf die ersten Blicke hin begeistert bin. Über Verlage habe ich mir erst spät Gedanken gemacht, eigentlich erst, als ich mir auch „schöne“ Bücher leisten konnte und ich mit der Zeit merkte, bei welchen Verlagen ich immer besonders schöne Bücher finden kann.

Zur Buchhandhabung passen die Fragen 13 „Verleihst du Bücher? Wenn ja an wen und welche Erfahrungen hast du damit gemacht?“, 17 „Was nutzt du als Lesezeichen?“, 18 Wenn du mit dem Lesen pausierst, liest du dann das Kapitel immer zu Ende oder hörst du auch mal mittendrin auf?, 20 „Wirfst du Bücher in den Müll?“, 23 „Brichst du Bücher ab, wenn dir der Inhalt nicht zusagt?“ und 29 „Markierst du dir Stellen in einem Buch?“: Ich verleihe gern, habe aber durchaus nicht alle Bücher wiederbekommen. Als Lesezeichen nutze ich tatsächlich Lesezeichen (die sammle ich sowieso), knicke aber in Taschenbüchern auch mal eine Ecke um. Das würde ich allerdings nie bei geliehenen Büchern oder besonders schönen Büchern tun. Wenn ich abends lese, bis mir die Augen zufallen, höre ich auch mal mittendrin im Kapitel auf. Wenn mir ein Buch nicht zusagt, lese ich es nicht fertig, aber auf den Müll würde ich es nicht werfen. Da gibt es schönere Lösungen: Diakonieladen, öffentlicher Bücherschrank etc. Ich markiere interessante Stellen mit Bleistift oder auch Kuli, gern auch mit Randnotizen, gelegentlich auch mit Post-its.

Der Frage 14 „Wie viele Bücher hast du im Schnitt auf deinem Stapel ungelesener Bücher?“ will ich lieber nicht auf den Grund gehen. Außerdem brauche ich ungelesene Bücher auf Vorrat für möglichst viele Gemüts- und Interessenlagen, sonst müsste ich ja ständig aus dem Haus, um neue zu kaufen.

Zu den Bibliotheksfragen 15 „Wo bei dir Zuhause hast du überall Bücher?“ und 16 „Wie sortierst du deine Bücher im Regal?“ verlinke ich mal auf meinen Shelfie-Beitrag vom letzten Jahr.

Leseambiente trifft ganz gut die Fragen 26 „Gehören ein Heißgetränk und Kekse zum Leseabend?“ und 27 „Hörst du während dem Lesen Musik, oder muss bei dir völlige Stille herrschen?“: Tee und Schoki oder Whiskey und Nüsse, Kerzen an und dazu Satie – das passt für mich sehr gut zum Lesen von Romanen, Tagebüchern, Biographien, bei der Durchsicht von Kunst- oder Reisebänden. Bei Fachtexten dann vielleicht lieber doch einen Kaffee und keine Musik.

Zu Frage 22 „Was für eine Rolle spielen Bücher in deinem Berufsleben?“ – nun, wenn man beruflich viel schreibt, ist es auf jeden Fall gut, wenn man auch viel liest. Auch abgesehen von den nötigen Fachbüchern und -artikeln, Studien etc., die man zur Recherche benötigt. Außerdem mogele ich gern literarische Anspielungen in meine Texte, zum Beispiel: „Die Logistik in Zeiten des Physical Internets“.

Freunde und Bücher, darum geht es bei den Fragen 21 „Wie belesen ist dein Bekannten- und Freundeskreis? Kennst du Menschen, die kein Buch besitzen?“ und 24 „Bittet man dich im Freundes- und Bekanntenkreis um Buchtipps?“: Mein Freundeskreis ist, auch bezogen aufs Lesen, sehr heterogen. Von „überaus belesen“ bis „kaum“ ist eigentlich alles dabei. Schließlich suche ich mir meine Freundinnen und Freunde nicht danach aus, ob und wie viel sie lesen. Aber ich freue mich, wenn ich mich mit ihnen über Bücher unterhalten kann. Und: Ja, sie bitten mich um Buch-Tipps, das war auch der Grund, warum ich 2001 begonnen habe, einen Newsletter mit Buch-Tipps zu versenden, erst nur an Freundinnen und Freunde, schließlich wurde ich weiterempfohlen und hatte dann auch Abonnenten, die ich nicht mehr persönlich kannte.

Ganz schwer zu beantworten ist für mich die Frage 25 „Wenn deine Bücher plötzlich alle verloren gehen (z.B. Feuer, Hochwasser, böse Fee, …), welche drei Bücher würdest du dir sofort neu bestellen?“ – Oh weh, ich fürchte, ich kann mich da unmöglich auf drei beschränken.

Wer es bis hierher geschafft hat: Danke für deine Geduld ; )

Über Petra Gust-Kazakos

Fiel als Kind in eine Buchstabensuppe; Femme de lettres, virtuelle Salonière, Public Relations Managerin, Autorin, stets lese- & reiselustig https://phileablog.wordpress.com/
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16 Antworten zu Liebeslesen, Leselieben

  1. SätzeundSchätze schreibt:

    100 Seiten in der Stunde? Wo gibt es diesen Turboantrieb? 😊

  2. Pingback: [Philea’s] Liebeslesen, Leselieben – #Literatur

  3. Tobi schreibt:

    Liebe Petra,

    das hat mich heute Abend sehr gefreut, als ich deinen Beitrag in meinem RSS Reader aufpoppen gesehen habe. Deine Antworten haben mich bei deinem erlesenen Literaturgeschmack sehr interessiert. Du hast die Fragen aufwendig gruppiert, was eigentlich noch mein Part gewesen wäre. Ich habe die Fragen einfach runter geschrieben, wie sie mir in den Sinn gekommen sind.

    Also 100 Seiten pro Stunde ist echt heftig. Ich hab verschiedene Geschwindigkeiten schon mal durchprobiert und selbst bei 0815-Schmonzetten bin ich bei so 70 Seiten pro Stunde, weil sonst der Verlust zu groß ist und der Lesegenuss zu stark geschmälert wird. Schneller ist dann bei mir eher Querlesen, wenn mich was langweilt ich aber aus irgendeinen Grund nicht abbrechen will. Bei einigen Büchern schaffe ich auch nur 25 Seiten die Stunde. Entweder weil sie ein viel zu großer Genuss sind, oder weil die Kost recht schwer ist. Und bei Sachbücher, die mich auch dann einschläfern, wenn ich sie eigentlich interessant finde 😉

    Meinen Hang zu schönen Büchern kennst du ja. Ich suche auch immer erst nach einer schönen Ausgabe und greife erst dann zu einem abgeranzten Taschenbuch, wenn es nicht anders geht. Bei manchen Büchern denke ich mir auch, dass da ein Ebook gereicht hätte, aber meistens wandern auch mittelmäßige Bücher in den Schrank und dann ziehe ich eine schöne Ausgabe doch vor.

    Sehr ehrliche Antworten auf jeden Fall, besonders was das Abknicken der Ecken angeht, was man ja in der Buchliebhaberszene nicht zu laut sagen darf 😉 Am Ende bin ich aber auch nicht zimperlich und fasse meine Bücher gewiss nicht mit den Samthandschuhen an.

    Und deine Antwort zur Frage „Warum liest du?“ fällt bei mir ganz ähnlich aus. Ich habe darüber nie so richtig nachgedacht. Das gehört einfach irgendwie zu einem kompletten Leben, das sich richtig anfühlt, dazu.

    Auf jeden Fall sehr schön, deine Antworten zu lesen. Herzlichen Dank, dass du mitgemacht hast!

    Liebe Grüße
    Tobi

    • Petra Gust-Kazakos schreibt:

      Lieber Tobi, es hat Spaß gemacht, deine Fragen zu beantworten und auch beispielsweise die Antworten von Norman zu lesen. Du könntest eigentlich auch mal alle beantworten, wie wär’s? Würde mich freuen, auch wenn ich mir bei vielen Fragen vorstellen kann, wie deine Antworten ausfallen, zumal du ja hier im Kommentar schon manche Vermutung bestätigst : ) Das Schnelllesen fiel mir zum 1. Mal auf an meinem Geburtstag, ich wurde 7 oder 8 und bekam den Räuber Hotzenplotz geschenkt. Den las ich gleich nach Kakao & Kuchen, meine Verwandten saßen noch beisammen und plauderten. Nach 1 oder 1,5 Stunden kam ich begeistert zurück – fertig. Sie wollten es erst nicht glauben, bis ich begann, ihnen detailliert den Inhalt wiederzuerzählen. 124 Seiten. Ab da war klar, dass ich zu den Schnellleserinnen gehöre. Eselsohren schicken sich eigentlich nicht, aber bei Taschenbüchern habe ich mich, was deren Handhabung betrifft, sehr entspannt. Sie sind mir eher Gebrauchsgegenstände, man muss sie nicht mutwillig zerstören, aber auch nicht heiligsprechen. Liebe Grüße!

  4. belmonte schreibt:

    100 Seiten pro Stunde, alle Achtung. Ich schaffe selbst bei Pageturnern kaum mehr als 30 Seiten.

  5. Pingback: Warum liest du? | lesestunden

  6. Pingback: Warum liest du? | Hauptsache Bücher

  7. Stephanie Müller schreibt:

    Wow und 1. tolle Fragen und 2. tolle Antworten. Dieser Fragebogen gefällt mir wirklich sehr gut. Und ich kann mich SätzeundSchätze und belmonte nur anschließen: 100 Seiten/Std.? Nicht schlecht. Ich bin eher eine langsame Leserin und finde das wirklich bewunderswert. Vor allem, wie viele Bücher man dann lesen kann, wenn man je Stunde mehr schafft. Aber jeder hat wirklich sein eigenes Tempo.
    Ich stimme mit dir in ein paar Punkten (um ehrlich zu sein bei sehr vielen 😉 ) überein: Bücher werden nicht in den Müll geschmissen, Bücher brauche ich auch auf Vorrat und schöne Bücher sowieso.
    Ach ja und der Beitrag war nun wirklich nicht zu lang. 🙂
    Liebe Grüße,
    Stephanie

    • Petra Gust-Kazakos schreibt:

      Danke dir, liebe Stephanie!
      Ich bin ganz erstaunt, dass das tatsächlich recht schnell zu sein scheint. Ich hatte irgendwie gedacht, dass wir VielleserInnen auch automatisch SchellleserInnen seien. Wobei das Schnelllesen ja bei mir wirklich so schnell vor allem bei Thrillern o. ä. geht.
      Vielleicht hast du ja auch Lust, bei dem Fragebogen mitzumachen? Ich würde mich freuen : )
      Liebe Grüße
      Petra

  8. Pingback: [Notiz]: Wieso, Weshalb, Warum? – Fragen über Fragen  – Lesen macht glücklich

  9. BuecherFaehe schreibt:

    „Und weil man ja auch immer mal wieder aus den Büchern auftauchen sollte, um das Leben ebenso genießen zu können wie das Lesen.“ – das hast du schön gesagt, unterschreibe ich so! (:

    „Rebecca“ und „Jane Eyre“ habe ich auch sehr gerne gelesen, allerdings bisher nur einmal.

    Bücher in den Müll zu werfen, damit habe ich ehrlich gesagt kein Problem, weil es sich dann bei mir meist um alte Sachbücher handelt oder Bücher, die sowieso keiner mehr haben will oder mit denen sich schlecht etwas anfangen lässt. Kommt allerdings auch sehr, sehr selten vor, dass ich mal dazu komme, überhaupt Bücher wegzuschmeißen.

    • Petra Gust-Kazakos schreibt:

      Danke dir, liebe BuecherFaehe : ) Das mit dem Wiederlesen tritt bei mir mit den Jahren wieder verstärkt auf. Lange habe ich immer nur das neue, das nächste Buch gelesen (bis auf ganz wenige Ausnahmen). Aber in letzter Zeit lese ich immer mal wieder gern einstige Favoriten. So ein Wiederlesen kann sehr schön sein, ich kann das nur empfehlen : )

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